Georg Trakl 1887 - 1914
Georg Trakl wurde am 3. Februar 1887 als Sohn des
Eisenhändlers Tobias Trakl und dessen Frau Maria Catharina Trakl
geboren. Als fünftes von sieben Kindern verbrachte er seine Jugend im
österreichischen Salzburg und wurde dabei von der Hauslehrerin Marie
Boring aufgezogen, die als Mutterersatz für die drogensüchtige Maria
Catharina die sieben Kinder erzog. Durch die französische Gouvernante
kommt Georg Trakl erstmals mit französischer Literatur in Kontakt, die
sein Gesamtwerk durch diverse Einflüsse von Arthur Rimbaud und Charles
Baudelaire noch prägen sollte.
Eine Sonderstellung unter den Geschwistern nimmt
seine Schwester Margarethe (kurz: Grethe) ein, mit der er in einer
inzestuösen Beziehung stand. Trakl sah in ihr das weibliche Pendant zu
sich selbst.
Zwischen 1897 und 1905 besuchte er das Stadtgymnasium
in Salzburg, das er aufgrund mangelnder Leistung ohne Abschluss verließ,
um daraufhin eine dreijährige Ausbildung zum Apotheker zu beginnen.
Während seiner Lehre gelangte er problemlos an Rauschmittel, mit denen
er schon während seiner erfolglosen Schulzeit experimentierte.
Als 1906 seine beiden Theaterstücke "Totentag"
und "Fata Morgana" ohne Erfolg im Salzburger Stadttheater aufgeführt
wurden, vernichtete er sämtliche Manuskripte zu seinen Dramen und fiel
ebenso dichterisch in eine 1-2 jährige Schaffenspause.
Nach der erfolgreichen Ausbildung begann Trakl,
in der Hoffnung auf eine Karriere als selbstständiger Apotheker, ein
Pharmaziestudium in Wien, das er aber im Jahr 1911 zu Gunsten eines
einjährigen Militärjahres im Sanitätsdienst abbrach. Zu dieser Zeit
knüpfte er bereits erste Kontakte zu seinem späteren Förderer Ludwig von
Ficker, der ihm neben finanzieller Hilfe auch mittels
Gedichtpublikationen in seiner expressionistisch-orientierten Zeitung
Der Brenner zum dichterischen Durchbruch verhalf. Fortan erschienen
ebenso regelmäßig Gedichte in der von Karl Krauss geleiteten Zeitschrift
Die Fackel. Als 1913 mit "Der jüngste Tag" der erste Gedichtband
erschien, erreichte der Dichter Georg Trakl seine kreativste sowie (zu
Lebzeiten) populärste Periode. Psychisch war sein Zustand, bedingt durch
den Drogenkonsum, die unbeständige Beziehung zu seiner Schwester
Margarethe, sowie die in Geldnot begründete Existenzangst, schon seit
seiner Kindheit äußerst instabil.
Im August 1914 meldete er sich als Freiwilliger
Sanitäter für den Ersten Weltkrieg und wurde daraufhin an die Ostfront
nach Galizien versetzt. Trakl erlebte den Krieg zwischen
Österreich-Ungarn und Russland unmittelbar mit und hatte als
Sanitätsoffizier zeitweise ca.100 Menschen alleine zu versorgen.
Infolgedessen erlitt er einen Nervenzusammenbruch, der ihn selbst zum
Kriegsopfer machte. Im Krakauer Militärlazarett schrieb Trakl mit Grodek
sein wohl populärstes Gedicht, bevor er am 3. November 1914 infolge
einer Überdosis Kokain starb. Der zweite und damit letzte Gedichtband
Sebastian im Traum, den er vor Kriegsbeginn in Salzburg noch selbst zum
Druck in Auftrag gab, erschien 1915 posthum.
quelle:
http://www.georgtrakl.de/
DIE RABEN
Über den schwarzen Winkel hasten
Über den schwarzen Winkel hasten
Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.
Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei
Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.
O wie sie die braune Stille stören,
In der ein Acker sich verzückt,
Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,
Und manchmal kann man sie keifen hören
Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,
Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug
Und schwinden wie ein Leichenzug
In Lüften, die von Wollust zittern.
ROMANZE ZUR NACHT
Einsamer unterm Sternenzelt
Geht durch die stille Mitternacht.
Der Knab aus Träumen wirr erwacht,
Sein Antlitz grau im Mond verfällt.
Die Närrin weint mit offnem Haar
Am Fenster, das vergittert starrt.
Im Teich vorbei auf süßer Fahrt
Ziehn Liebende sehr wunderbar.
Der Mörder lächelt bleich im Wein,
Die Kranken Todesgrausen packt.
Die Nonne betet wund und nackt
Vor des Heilands Kreuzespein.
Die Mutter leis’ im Schlafe singt.
Sehr friedlich schaut zur Nacht das Kind
Mit Augen, die ganz wahrhaft sind.
Im Hurenhaus Gelächter klingt.
Beim Talglicht drunt’ im Kellerloch
Der Tote malt mit weißer Hand
Ein grinsend Schweigen an die Wand.
Der Schläfer flüstert immer noch.
MUSIK IM MIRABELL
Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn
Im klaren Blau, die weißen, zarten.
Bedächtig stille Menschen gehn
Am Abend durch den alten Garten.
Der Ahnen Marmor ist ergraut.
Ein Vogelzug streift in die Weiten.
Ein Faun mit toten Augen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.
Das Laub fällt rot vom alten Baum
Und kreist herein durchs offne Fenster.
Ein Feuerschein glüht auf im Raum
Und malet trübe Angstgespenster.
Ein weißer Fremdling tritt ins Haus.
Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.
Die Magd löscht eine Lampe aus,
Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.
MELANCHOLIE DES ABENDS
— Der Wald, der sich verstorben breitet —
Und Schatten sind um ihn, wie Hecken.
Das Wild kommt zitternd aus Verstecken,
Indes ein Bach ganz leise gleitet
Und Farnen folgt und alten Steinen
Und silbern glänzt aus Laubgewinden.
Man hört ihn bald in schwarzen Schlünden —
Vielleicht, daß auch schon Sterne scheinen.
Der dunkle Plan scheint ohne Massen,
Verstreute Dörfer, Sumpf und Weiher,
Und etwas täuscht dir vor ein Feuer.
Ein kalter Glanz huscht über Straßen.
Am Himmel ahnet man Bewegung,
Ein Heer von wilden Vögeln wandern
Nach jenen Ländern, schönen, andern.
Es steigt und sinkt des Rohres Regung.
TRAUM DES BÖSEN
Verhallend eines Gongs braungoldne Klänge —
Ein Liebender erwacht in schwarzen Zimmern
Die Wang’ an Flammen, die im Fenster
flimmern.
Am Strome blitzen Segel, Masten, Stränge.
Ein Mönch, ein schwangres Weib dort im
Gedränge.
Guitarren klimpern, rote Kittel schimmern.
Kastanien schwül in goldnem Glanz
verkümmern;
Schwarz ragt der Kirchen trauriges Gepränge.
Aus bleichen Masken schaut der Geist des
Bösen.
Ein Platz verdämmert grauenvoll und düster;
Am Abend regt auf Inseln sich Geflüster.
Des Vogelfluges wirre Zeichen lesen
Aussätzige, die zur Nacht vielleicht verwesen.
Im Park erblicken zitternd sich Geschwister.
ZU ABEND MEIN HERZ
Am Abend hört man den Schrei der
Fledermäuse.
Zwei Rappen springen auf der Wiese.
Der rote Ahorn rauscht.
Dem Wanderer erscheint die kleine Schenke
am Weg.
Herrlich schmecken junger Wein und Nüsse.
Herrlich: betrunken zu taumeln in dämmernden
Wald.
Durch schwarzes Geäst tönen schmerzliche
Glocken.
Auf das Gesicht tropft Tau.
HELIAN
In den einsamen Stunden des Geistes
Ist es schön, in der Sonne zu gehn
An den gelben Mauern des Sommers hin.
Leise klingen die Schritte im Gras; doch immer
schläft
Der Sohn des Pan im grauen Marmor.
Abends auf der Terrasse betranken wir uns mit
braunem Wein.
Rötlich glüht der Pfirsich im Laub;
Sanfte Sonate, frohes Lachen.
Schön ist die Stille der Nacht.
Auf dunklem Plan
Begegnen wir uns mit Hirten und weißen
Sternen.
Wenn es Herbst geworden ist
Zeigt sich nüchterne Klarheit im Hain.
Besänftigte wandeln wir an roten Mauern hin
Und die runden Augen folgen dem Flug der
Vögel.
Am Abend sinkt das weiße Wasser in
Graburnen.
In kahlen Gezweigen feiert der Himmel.
In reinen Händen trägt der Landmann Brot und
Wein
Und friedlich reifen die Früchte in sonniger
Kammer.
O wie ernst ist das Antlitz der teueren Toten.
Doch die Seele erfreut gerechtes Anschaun.
Gewaltig ist das Schweigen des verwüsteten
Gartens
Da der junge Novize die Stirne mit braunem
Laub bekränzt,
Sein Odem eisiges Gold trinkt.
Die Hände rühren das Alter bläulicher Wasser
Oder in kalter Nacht die weißen Wangen der
Schwestern.
Leise und harmonisch ist ein Gang an
freundlichen Zimmern hin,
Wo Einsamkeit ist und das Rauschen des
Ahorns,
Wo vielleicht noch die Drossel singt.
Schön ist der Mensch und erscheinend im
Dunkel,
Wenn er staunend Arme und Beine bewegt,
Und in purpurnen Höhlen stille die Augen
rollen.
Zur Vesper verliert sich der Fremdling in
schwarzer Novemberzerstörung,
Unter morschem Geäst, an Mauern voll
Aussatz hin,
Wo vordem der heilige Bruder gegangen,
Versunken in das sanfte Saitenspiel seines
Wahnsinns,
O wie einsam endet der Abendwind.
Ersterbend neigt sich das Haupt im Dunkel des
Ölbaums.
Erschütternd ist der Untergang des
Geschlechts.
In dieser Stunde füllen sich die Augen des
Schauenden
Mit dem Gold seiner Sterne.
Am Abend versinkt ein Glockenspiel, das nicht
mehr tönt
Verfallen die schwarzen Mauern am Platz,
Ruft der tote Soldat zum Gebet.
Ein bleicher Engel
Tritt der Sohn ins leere Haus seiner Väter.
Die Schwestern sind ferne zu weißen Greisen
gegangen
Nachts fand sie der Schläfer unter den Säulen im
Hausflur,
Zurückgekehrt von traurigen Pilgerschaften.
O wie starrt von Kot und Würmern ihr Haar,
Da er darein mit silbernen Füßen steht,
Und jene verstorben aus kahlen Zimmern
treten.
O ihr Psalmen in feurigen Mitternachtsregen,
Da die Knechte mit Nesseln die sanften Augen
schlugen,
Die kindlichen Früchte des Holunders
Sich staunend neigen über ein leeres Grab.
Leise rollen vergilbte Monde
Über die Fieberlinnen des Jünglings,
Eh dem Schweigen des Winters folgt.
Ein erhabenes Schicksal sinnt den Kidron
hinab,
Wo die Zeder, ein weiches Geschöpf,
Sich unter den blauen Brauen des Vaters
entfaltet,
Über die Weide nachts ein Schäfer seine Herde
führt.
Oder es sind Schreie im Schlaf,
Wenn ein eherner Engel im Hain den
Menschen antritt,
Das Fleisch des Heiligen auf glühendem Rost
hinschmilzt.
Um die Lehmhütten rankt purpurner Wein,
Tönende Bündel vergilbten Korns,
Das Summen der Bienen, der Flug des
Kranichs.
Am Abend begegnen sich Auferstandene auf
Felsenpfaden.
In schwarzen Wassern spiegeln sich
Aussätzige;
Oder sie öffnen die kotbefleckten Gewänder
Weinend dem balsamischen Wind, der vom
rosigen Hügel weht.
Schlanke Mägde tasten durch die Gassen der
Nacht,
Ob sie den liebenden Hirten fänden.
Sonnabends tönt in den Hütten sanfter Gesang.
Lasset das Lied auch des Knaben gedenken,
Seines Wahnsinns, und weißer Brauen und
seines Hingangs
Des Verwesten, der bläulich die Augen
aufschlägt.
O wie traurig ist dieses Wiedersehn.
Die Stufen des Wahnsinns in schwarzen
Zimmern,
Die Schatten der Alten unter der offenen Tür,
Da Helians Seele sich im rosigen Spiegel
beschaut
Und Schnee und Aussatz von seiner Stirne
sinken.
An den Wänden sind die Sterne erloschen
Und die weißen Gestalten des Lichts.
Dem Teppich entsteigt Gebein der Gräber,
Das Schweigen verfallener Kreuze am Hügel,
Des Weihrauchs Süße im purpurnen
Nachtwind.
O ihr zerbrochenen Augen in schwarzen
Mündern,
Da der Enkel in sanfter Umnachtung
Einsam dem dunkleren Ende nachsinnt,
Der stille Gott die blauen Lider über ihn senkt.
NACHTLIED
Des Unbewegten Odem. Ein Tiergesicht
Des Unbewegten Odem. Ein Tiergesicht
Erstarrt vor Bläue, ihrer Heiligkeit.
Gewaltig ist das Schweigen im Stein;
Die Maske eines nächtlichen Vogels. Sanfter
Dreiklang
Verklingt in einem. Elai! dein Antlitz
Beugt sich sprachlos über bläuliche Wasser.
O! ihr stillen Spiegel der Wahrheit.
An des Einsamen elfenbeinerner Schläfe
Erscheint der Abglanz gefallener Engel.
MENSCHLICHES ELEND
Die Uhr, die vor der Sonne fünfe schlägt —
Die Uhr, die vor der Sonne fünfe schlägt —
Einsame Menschen packt ein dunkles Grausen,
Im Abendgarten kahle Bäume sausen.
Des Toten Antlitz sich am Fenster regt.
Vielleicht, daß diese Stunde stille steht.
Vor trüben Augen blaue Bilder gaukeln
Im Takt der Schiffe, die am Flusse schaukeln.
Am Kai ein Schwesternzug vorüberweht.
Im Hasel spielen Mädchen blaß und blind,
Wie Liebende, die sich im Schlaf umschlingen.
Vielleicht, daß um ein Aas dort Fliegen singen,
Vielleicht auch weint im Mutterschoß ein Kind.
Aus Händen sinken Astern blau und rot,
Des Jünglings Mund entgleitet fremd und
weise;
Und Lider flattern angstverwirrt und leise;
Durch Fieberschwärze weht ein Duft von Brot.
Es scheint, man hört auch gräßliches Geschrei;
Gebeine durch verfallne Mauern schimmern.
Ein böses Herz lacht laut in schönen Zimmern;
An einem Träumer läuft ein Hund vorbei.
Ein leerer Sarg im Dunkel sich verliert.
Dem Mörder will ein Raum sich bleich
erhellen,
Indes Laternen nachts im Sturm zerschellen.
Des Edlen weiße Schläfe Lorbeer ziert.
IN DER HEIMAT
Resedenduft durchs kranke Fenster irrt;
Resedenduft durchs kranke Fenster irrt;
Ein alter Platz, Kastanien schwarz und wüst.
Das Dach durchbricht ein goldener Strahl und
fließt
Auf die Geschwister traumhaft und verwirrt.
Im Spülicht treibt Verfallnes, leise girrt
Der Föhn im braunen Gärtchen; sehr still
genießt
Ihr Gold die Sonnenblume und zerfließt.
Durch blaue Luft der Ruf der Wache klirrt.
Resedenduft. Die Mauern dämmern kahl.
Der Schwester Schlaf ist schwer. Der
Nachtwind wühlt
In ihrem Haar, das mondner Glanz umspült.
Der Katze Schatten gleitet blau und schmal
Vom morschen Dach, das nahes Unheil säumt,
Die Kerzenflamme, die sich purpurn bäumt.
ROSENKRANZLIEDER
AN DIE SCHWESTER
Wo du gehst wird Herbst und Abend,
AN DIE SCHWESTER
Wo du gehst wird Herbst und Abend,
Blaues Wild, das unter Bäumen tönt,
Einsamer Weiher am Abend.
Leise der Flug der Vögel tönt,
Die Schwermut über deinen Augenbogen.
Dein schmales Lächeln tönt.
Gott hat deine Lider verbogen.
Sterne suchen nachts, Karfreitagskind,
Deinen Stirnenbogen.
NÄHE DES TODES
O der Abend, der in die finsteren Dörfer der
O der Abend, der in die finsteren Dörfer der
Kindheit geht.
Der Weiher unter den Weiden
Füllt sich mit den verpesteten Seufzern der
Schwermut.
O der Wald, der leise die braunen Augen senkt,
Da aus des Einsamen knöchernen Händen
Der Purpur seiner verzückten Tage hinsinkt.
O die Nähe des Todes. Laß uns beten.
In dieser Nacht lösen auf lauen Kissen
Vergilbt von Weihrauch sich der Liebenden
schmächtige Glieder.
AMEN
Verwestes gleitend durch die morsche Stube;
Verwestes gleitend durch die morsche Stube;
Schatten an gelben Tapeten; in dunklen
Spiegeln wölbt
Sich unserer Hände elfenbeinerne Traurigkeit.
Braune Perlen rinnen durch die erstorbenen
Finger.
In der Stille
Tun sich eines Engels blaue Mohnaugen auf.
Blau ist auch der Abend;
Die Stunde unseres Absterbens, Azraels
Schatten,
Der ein braunes Gärtchen verdunkelt.
PSALM
Karl Kraus zugeeignet
Es ist ein Licht, das der Wind ausgelöscht hat.
Karl Kraus zugeeignet
Es ist ein Licht, das der Wind ausgelöscht hat.
Es ist ein Heidekrug, den am Nachmittag ein
Betrunkener verläßt.
Es ist ein Weinberg, verbrannt und schwarz mit
Löchern voll Spinnen.
Es ist ein Raum, den sie mit Milch getüncht
haben.
Der Wahnsinnige ist gestorben. Es ist eine Insel der
Südsee,
Den Sonnengott zu empfangen. Man rührt die
Trommeln.
Die Männer führen kriegerische Tänze auf.
Die Frauen wiegen die Hüften in
Schlinggewächsen und Feuerblumen,
Wenn das Meer singt. O unser verlorenes
Paradies.
* * *
Die Nymphen haben die goldenen Wälder
verlassen.
Man begräbt den Fremden. Dann hebt ein
Flimmerregen an.
Der Sohn des Pan erscheint in Gestalt eines
Erdarbeiters,
Der den Mittag am glühenden Asphalt
verschläft.
Es sind kleine Mädchen in einem Hof in
Kleidchen voll herzzerreißender Armut!
Es sind Zimmer, erfüllt von Akkorden und
Sonaten.
Es sind Schatten, die sich vor einem
erblindeten Spiegel umarmen.
An den Fenstern des Spitals wärmen sich
Genesende.
Ein weißer Dampfer am Kanal trägt blutige
Seuchen herauf.
* * *
Die fremde Schwester erscheint wieder in
jemands bösen Träumen.
Ruhend im Haselgebüsch spielt sie mit seinen
Sternen.
Der Student, vielleicht ein Doppelgänger,
schaut ihr lange vom Fenster nach.
Hinter ihm steht sein toter Bruder, oder er geht
die alte Wendeltreppe herab.
Im Dunkel brauner Kastanien verblaßt die
Gestalt des jungen Novizen.
Der Garten ist im Abend. Im Kreuzgang
flattern die Fledermäuse umher.
Die Kinder des Hausmeisters hören zu spielen
auf und suchen das Gold des Himmels.
Endakkorde eines Quartetts. Die kleine Blinde
läuft zitternd durch die Allee,
Und später tastet ihr Schatten an kalten
Mauern hin, umgeben vom Märchen und
heiligen Legenden.
* * *
Es ist ein leeres Boot, das am Abend den
schwarzen Kanal heruntertreibt.
In der Düsternis des alten Asyls verfallen
menschliche Ruinen.
Die toten Waisen liegen an der Gartenmauer.
Aus grauen Zimmern treten Engel mit
kotgefleckten Flügeln.
Würmer tropfen von ihren vergilbten Lidern.
Der Platz vor der Kirche ist finster und
schweigsam, wie in den Tagen der
Kindheit.
Auf silbernen Sohlen gleiten frühere Leben
vorbei
Und die Schatten der Verdammten steigen zu den
seufzenden Wassern nieder.
In seinem Grab spielt der weiße Magier mit
seinen Schlangen.
* * *
Schweigsam über der Schädelstätte öffnen sich
Gottes goldene Augen.
DE PROFUNDIS
Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer
Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer
Regen fällt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten
umkreist
Wie traurig dieser Abend.
Am Weiler vorbei
Sammelt die sanfte Waise noch spärliche
Ähren ein.
Ihre Augen weiden rund und goldig in der
Dämmerung
Und ihr Schoß harrt des himmlischen
Bräutigams.
Bei der Heimkehr
Fanden die Hirten den süßen Leib
Verwest im Dornenbusch.
Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.
Gottes Schweigen
Trank ich aus dem Brunnen des Hains.
Auf meine Stirne tritt kaltes Metall
Spinnen suchen mein Herz.
Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht.
Nachts fand ich mich auf einer Heide,
Starrend von Unrat und Staub der Sterne.
Im Haselgebüsch
Klangen wieder kristallne Engel.
IN EIN ALTES STAMMBUCH
Immer wieder kehrst du, Melancholie,
Immer wieder kehrst du, Melancholie,
O Sanftmut der einsamen Seele.
Zu Ende glüht ein goldener Tag.
Demutsvoll beugt sich dem Schmerz der
Geduldige
Tönend von Wohllaut und weichem Wahnsinn.
Siehe! es dämmert schon.
Wieder kehrt die Nacht und klagt ein
Sterbliches
Und es leidet ein anderes mit.
Schaudernd unter herbstlichen Sternen
Neigt sich jährlich tiefer das Haupt.
No comments:
Post a Comment